Das Biotopschutzgesetz und das Umweltinformationsgesetz und deren mögliche Auswirkungen auf den Höhlenschutz


Das Biotopschutzgesetz [z. B. in Baden-Württemberg] beruht meines Wissens auf einer EU-Richtlinie, die in nationales bzw. Länderrecht umgesetzt wurde oder noch wird. Die Grundaussage: jedes Biotop ist ohne besondere weitere Feststellung schutzwürdig. Ferner sollen (oder müssen?) Biotope als solche kartiert werden.
Die Folge: auf Länderebene müssen vollständige Biotopkartierungen her. So wurde es zumindest in Baden-Württemberg gesehen, ich denke, andere Länder folgen nach (oder sind es schon). Wie bekannt sein dürfte, besitzt die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg mittlerweile einen nahezu vollständigen Höhlenkataster sowie viele Unterlagen über Dolinen. Selbstverständlich dürfte die Datenlage in anderen Bereichen (Greifvögel, Orchideenstandorte u. a. m.) ähnlich sein.

Das Umweltinformationsgesetz beruht ebenfalls auf einer EU-Richtlinie, die mittlerweile längst in nationales Recht umgesetzt wurde. Die informierten Umweltverbände haben sich diebisch gefreut. Denn die Kernaussage ist die:
Jeder Bürger hat Anspruch auf Akteneinsicht oder Aushändigung aller möglicher Umweltdaten aller denkbaren Behörden und halbstaatlichen Stellen. Und das, ohne daß er ein berechtigtes Interesse nachweisen muß!!!
Die "Umweltler" (v. a. Grüne) sehen die großen Vorteile in den folgenden Punkten:

u. v. a. m.
Kurz gesagt, Entscheidungen werden transparenter, werden öffentlich, Stellungnahmen von Fachbeamten bleiben nicht weiter geheim usw.
Folgende Probleme werden gesehen:

Bisher häufig nicht als Problem gesehen wird die Preisgabe von Daten, die eigentlich zugunsten der Natur und Umwelt geheim bleiben sollten. Ich habe den Eindruck, das Problem wurde von den großen Verbänden bzw. von den Grünen bisher einfach übersehen.
Unter Paragr. 7 Abs. 1 heißt es jedoch:
Der Anspruch [auf Herausgabe der Umweltinformationen] besteht nicht,
1. [...]
2. [...]
3. wenn zu besorgen ist, daß durch das Bekanntwerden der Informationen Umweltgüter im Sinne des Paragr. 3 Abs. 2 Nr. 1 erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt oder der Erfolg behördlicher Maßnahmen im Sinne des Paragr. 3 Abs. 2 Nr. 3 gefährdet werden.
Aus den Erläuterungen, die ich hier nicht auch noch abtippen möchte, geht klar hervor, daß damit genau die Fälle gemeint sind, die auch in Höhlenschutz-Hinsicht aus unserer Sicht relevant sind.
Wenn die Behörde also der Meinung ist, daß die Daten aus Schutzgründen nicht weitergegeben werden sollten, weil dies "erhebliche oder nachhaltig beeinträchtigende Folgen" haben kann, so kann sie die Daten zurückhalten. Achtung: um eine Datenweitergabe auszuschließen, ist es erstens erforderlich, daß die Behörde dieser Meinung ist und zweitens, daß eine eventuelle Klage des Datenbegehrenden abgewiesen wird.
Es ergibt sich somit aus meiner Sicht die Empfehlung für künftige Datenweitergaben von Höfos oder Kartierern an Behörden: unabhängig, ob die Datenweitergabe entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, sollte ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen werden, in dem zum Beispiel drinstehen könnte:
"Datenerheber und (auftraggebende/begünstigte) Behörde stellen in gegenseitigem Einvernehmen fest, daß eine Weitergabe der (betreffenden) Daten eine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung von Umweltgütern nach Paragr. 7 Abs. 1 Nr. 3 UIG darstellt. Eine Weitergabe ist deshalb ausgeschlossen bzw. bedarf der Zustimmung des Datenerhebers bzw. beider Seiten. Dies gilt auch, wenn die Daten (im Rahmen der Amtshilfe oder aus anderen Gründen) an eine weitere Behörde weitergegeben werden, für diese weitere Behörde."

Ein weiterer Teil des Gesetzes ist Paragr. 7 Abs. 4:
Informationen über die Umwelt, die ein privater Dritter der Behörde ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt hat, dürfen ohne Einwilligung des Dritten nicht zugänglich gemacht werden. [...]
Werden also Daten aus freien Stücken und kostenlos an Behörden gegeben, so dürfen diese nicht ohne weiteres weitergegeben werden!

Eine Empfehlung für bereits erfolgte Datenübergaben: Kontaktaufnahme mit den betreffenden Behörden und klarer Hinweis auf Paragr. 7 Abs. 1 Satz 3 resp. Paragr. 7 Abs. 4 UIG. Versuchen, eine schriftliche Klarstellung von der Behörde zu erhalten, daß sie die Datenweitergabe an Dritte aufgrund eines der beiden Sätze ablehnen wird und hoffen, daß sie sich daran hält.
Beide Sätze scheinen übrigens konform mit der EU-Richtlinie zu gehen (die ich selbst nicht gelesen habe). Klagen dagegen sind damit hoffentlich aussichtslos. Aber so ganz sicher bin ich mir nicht.


Ich werde mich in nächster Zeit bei den Behörden, mit denen ich sowieso in Verbindung stehe, mal kundig machen, wie die Behördenseite das Problem sieht. Ich bitte jeden halbwegs interessierten Leser, dies ebenfalls zu tun, damit wir hier zu einem Überblick kommen.
Solange die Lage noch nicht ganz klar ist, wäre zu überlegen, daß keine präzise Weitergabe von Daten an Behörden mehr erfolgt (keine Lageangaben, evtl. Weglassung von Objektbezeichnungen). Das ist jetzt kein Aufruf dazu, die Zusammenarbeit mit Behörden zu verweigern! Ganz im Gegenteil. Die Behörden sind bezüglich UIG ebenfalls noch recht unerfahren und ahnungslos. Im gegenseitigen Gespräch sollte den Behördenvertretern klarzumachen sein, daß es auch in ihrem Sinne sein könnte, wenn sie die Daten nicht erhalten. Was sie haben, müssen sie u. U. auf Anfrage herausgeben, was sie nicht haben, können sie nicht weitergeben. Und keine Behörde ist durch das UIG zu verpflichten, Daten, die sie nicht hat, zu beschaffen!

Ich bitte dringend um eigene Aktivitäten (Anfragen bei Behörden), Kommentare, Stellungnahmen, Erfahrungsberichte und Rückmeldungen.
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Letzte Änderung: 09.06.1997